Ein Konzert von und mit unserer Artist in Residence Eun-Ji Anna Lee, die über ihre eigene Musik sagt:
Text war oft die Inspirationsquelle und der Ausgangspunkt für meine Arbeit, deshalb habe ich in vielen Stücken auf verschiedene Weise damit experimentiert.
Ich interessierte mich für die Sprachmelodie und Nuancen in der Sprache. Die Sprachmelodie und Nuancen wurden in meiner Musik durch vielfältige Klangfarben, Gestalt und Gestik umgesetzt.
Die einzigartige Erfahrung in Europa für mich war, dass man im Alltag verschiedene Sprachen benutzen und hören konnte und die hat mich zum Nachdenken angeregt, wie die Sprache unsere Gedanken und Gefühle prägt. Ich habe die Sprache, die ich nicht verstehen konnte, als Klang wahrgenommen und ich konnte sie durch Sprachmelodie unterscheiden. Nuancen waren für mich gleichzeitig der schönste und schwierigste Faktor in der Sprache. Nuancen erweitert die Sensibilität und zeigen Eigenartigkeit der eigenen Sprache, aber die changierende subtile Bedeutung ist jedoch für eine nicht-muttersprachliche Person schwer zu erfassen. Meine Muttersprache, Koreanisch, ist die Sprache, die nur in Korea gesprochen wird. Vielleicht deshalb hatte ich als Koreanerin den Wunsch durch meine eigene musikalische Sprache die Sprachbarriere zu überwinden und die Grenze der Sprache zu überschreiten.
Ich versuche Musik zu schreiben, die dichterisch von der Zeit erzählt. Fein schattierte Klangfarben und vielfältige Gesten als Metapher in den Momenten der stillstehenden (in sich ruhenden) sowie der bewegten Zeit kreuzen sich und fügen sich zu einer nuancierten Klangmetaphorik zusammen. Durch Verdichtung und Ausdehnung der Klanggestalten wird das Zeitempfinden relativiert. Immer wieder leuchten Ereignisse auf, die in das Klanggefüge des Stückes hineinblitzen, die gefühlte Zeit komprimieren und sich ins Moiré der Zeit einpassen.
Ich glaube, dass die Musik fähig ist in uns Assoziationen von Text zu wecken, aber dass eine genaue Übertragung des Texts in die Musik unmöglich ist. Es ist eben so im Umkehrprozess nicht austauschbar. Der einzigartige Raum der Musik ist nicht mit Worten auszudrücken. Es ist unaussprechlich und unsagbar, aber man versucht die Dinge zu beschreiben.
Ich wünsche mir trotzdem einen Augenblick in meiner Musik zu haben, in dem man den unaussprechlichen Moment in der schwebenden Zeit ergreifen kann und der in der eigenen Zeit duftet.
Programm zum Konzert
Text I aus „Duft der Zeit” (2013-2014)
für Tonband und Narrator, 3’
Text: Byung-Chul Han
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Map/Satellite-Hybrid du (2014)
für B-Klarinette, Altsaxophon, Violine, und Violoncello, 9’
Text: Stefan Schmitzer - aus „denunziationen” | 2013 |
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Text II aus „Duft der Zeit”
für Tonband und Narrator, 1’32”
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Punctum für Streichquartett (2008)
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Text III aus „Duft der Zeit”
für Tonband und Narrator, 36”/
Die Regeln der Einsamkeit für Tonband (2009), 5’30”
Text: Eugène Savitzkayas/
Text IV aus „Duft der Zeit”
für Tonband und Narrator, 20”
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O…scil..la.re für Altsaxophon (2014), 9”
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Text VI aus „Duft der Zeit”
für Tonband und Narrator, 3’9”
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l’ineffable (2015), UA
für Bassklarinette, Violine, Violoncello und Kontrabass, 9”
Ensemble Schallfeld:
Szilárd Benes, Klarinette
Matej Bunderla, Saxophon
Lorenzo Derinni, Violine
Myriam García Fidalgo, Violoncello:
Gäste:
Aliona Piatrouskaya, Violine
Zuzanna Iwanska, Viola
Diego Garcia Pliego, Saxophon
Jonathan Heilbron, Kontrabass
Leonhard Garms, Dirigent
Der Aufenthalt von Eun-Ji Anna Lee wurde ermöglicht durch das Förderprogramm
Styria-Artist-in-Residence (St.A.i.R.) des Landes Steiermark.