Der aus der Zusammenarbeit mit der Künstlerin
Lotte Lyon entstandene Text «Unter dem Fußboden» von
Daniel Wisser ist der Ausgangspunkt einer Reihe von Kurztexten, die der Autor in freiem Vortrag präsentiert.
In wenigen Sätzen thematisiert Wisser das Unhörbare, Unsichtbare, Scheinbare oder Hypothetische und führt den Zuhörer in eine gegenständliche Welt, die nur in der Sprache existieren kann.
Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass Gegenstände, die auf dem Fußboden liegen, auf Gegenstände hinweisen, die sich unter dem Fußboden befinden.
Und doch hat die Mehrheit der Menschen Angst davor, dass die Hörner des Teufels durch den Boden stoßen, längst verlegte belegte Brote oder Tramezzini wieder auftauchen oder Vergrabenes und Verstecktes wieder sichtbar werden könnten.
Die Menschen sehen in den Gegenständen unter den Fußböden und Rasenflächen meist unheilvolle Dinge, die Katastrophen, Tod oder Verdammnis bringen. Nur wenige sehen wirklich nur das, was sich tatsächlich auf dem Fußboden befindet. Diese Menschen haben keine Angst vor den Dingen. Sie betrachten sie mit Neugier und sagen zum Beispiel: Eine schöne Wohnung haben Sie!
Daniel Wisser, geb. 1971, Schriftsteller und Musiker, zuletzt Roman STANDBY (Klever Verlag, 2011), Mitbegründer des Ersten Wiener Heimorgelorchesters
Video «Unter dem Fußboden»